Abb. 1: Blog-Post als Video


Warum sollte meine JP-Serie gelesen werden? Ich nehme diese sehr wahrscheinliche und auch vernünftige Frage meiner interessierten Webseitenbesucher vorweg und präsentiere dazu nachfolgend einige Eigenschaften, Einfälle, eine Charakteristik usw. und erkläre also meine Art der Analyse des Buches, indem ich sie beschreibe.

Ein praktisches Buch, wie z.B. ein Ratgeber für die erfolgreiche Bonsai-Pflege, hat ein kleines, besonders feines und schönes, aber relativ einfaches Objekt zum Gegenstand. Und entsprechend ist eine Anweisung wie „Trimme mit einer speziellen Schere regelmäßig die Blätter.“ meist ohne Weiteres verständlich und umsetzbar, auch, ohne dass die Sinnhaftigkeit des Stutzens begründet werden müsste. Auch 12RFL ist ein praktischer Ratgeber, behandelt allerdings unser Gehirn bzw. den menschlichen Geist bzw. einen Menschen in seiner Gesamtheit. Dieses Objekt ist im Gegensatz zu Bäumchen das mit Abstand komplexeste Gebilde im uns bekannten Universum. Eine scheinbar einfache Regel, wie „Sei mutig!“, und ergänzende Hinweise, wie „Stehe gerade und gehe mit erhobenem Kopf“ o.ä., will genauestens begründet sein. Ist der Leser nicht vollständig überzeugt, wird er sich auch nicht die Mühe geben und einen oft sehr schmerzhaften Prozess erst gar nicht einleiten. Jedenfalls ist 12RFL es wert, analytisch gelesen zu werden – nein, vielmehr muss es sehr gründlich gelesen werden.

JP bringt, so wie es in hochwertigen Texten üblich ist, in jedem Absatz einen Hauptgedanken unter und entsprechend behandelt ein Post von mir auch nur eine wichtige Gedankenreihe. Ich gehe also sehr langsam und genau vor und stelle meine Analyse immer nur häppchenweise zur Verfügung, weil es für diese Lektüre, wie vorhin begründet, angemessen ist. Es ist wie in der BBC-Miniserie „Dracula“ (Spoiler!), in der der Vampir seine besondere Feindin, seinen stärksten Gegner „Agatha van Hellsing“, letztlich nicht wie Fastfood behandelt, sondern als mehrgängiges Gourmetmenü. Er bewahrt sie sich für den langsamen und genussvollen Verzehr auf. Das Blut dieser hochgebildeten Ordensschwester ist so reich an Wissen, Gefühlen und Erkenntnissen, dass er es nicht auf einmal verdauen könnte – sie ist also eine besonders schwere und gleichzeitig nahrhafte Kost. Zwar nehme ich für jeden Absatz von 12RFL eine verdichtende Reformulierung vor, was das Buch kürzen und die Aufnahmedauer aller Informationen theoretisch senken würde, allerdings veranschauliche ich jeden Hauptgedanken mit Beispielen, Kommentaren und Mindmaps, wodurch alle Posts der Blog-Serie letztlich doch eine mehrfach größere Textmenge ergeben als das Original (negativ ausgedrückt könnte man sagen, dass das Buch einfach verdünnt wird?). Hier muss ich sofort an Goethe denken. Sein Genie soll u.a. darin begründet gewesen sein, dass er nach einem festen Grundsatz immer nur so viel an neuem Wissen in sich hineinließ, wie er zeitnah verarbeiten konnte. War er nicht in der Lage, kreativ auf Neues zu reagieren oder es durch eigene Überlegung zu erklären, dann senkte er sein Aufnahmetempo bzw. die Geschwindigkeit seines geistigen Konsums. Vielleicht müssen auch wir manchmal daran erinnert werden, dass unser Gehirn kein Trichter ist, in den man einfach Informationen schnell und einfach einfüllen könnte.

Das einem Buch zugrundeliegende Wissen ist im Autor selbst netzwerkartig angeordnet. Ein Buch, besonders in physischer bzw. gedruckter Form, ist zwangsweise linear aufgebaut, mit dem ersten Wort oben links und dem letzten jeweils unten rechts und das Seite für Seite. Mein Blog nutzt WordPress als CMS und genießt dadurch natürlich deutlich mehr Freiheiten und bietet mit der Unterstützung von Formaten, wie Audio, Video, großen Vektorgrafiken usw., viel mehr Möglichkeiten. Mit diesen Mitteln unterstütze ich den Leser beim Wissenstransfer. Viele Menschen kommen außerdem mit Grafiken, Bildern und Skizzen einfach besser zurecht. In einer einfachen kleinen s/w-Skizze können Abhängigkeiten und Zusammenhänge zwischen den oft nur wenigen wesentlichen Elementen eines oft sehr langen Textes mühelos dargestellt werden. Deshalb veranschauliche ich möglichst jede Gedankenreihe JPs durch eine Mindmap, die aus einer Vogelperspektive mehr Übersicht bietet.

Manchmal liegt zwischen zwei wichtigen bzw. zusammenhängenden Informationen so viel Text, dass der Leser die erste Information bereits vergessen hat, sobald er die zweite erreicht. Es erinnert an Prousts großen Romanzyklus „Auf der Suche nach der verlorenen Zeit“, in dem teilweise hunderte Seiten zwei Ereignisse trennen. Es kommt auch vor, dass in einer Argumentation JPs nicht leicht erkennbar ist, welche Beweise einander stützen und wie stark sie es tun, oder ob Für- und Gegenbeispiele sich vielleicht beinahe aufheben bzw. die Waage halten. Deshalb visualisiere ich die Argumentationsstrukturen in sog. Argument-maps.

Der geübte, der professionelle Leser wird an dieser Stelle natürlich einwenden, dass er ohnehin niemals ohne Bleistift liest und sich auf diese Weise und also viel einfacher zu helfen weiß beim Durchdringen komplexer Texte …