Abb. 1: Blog-Post als Video


Während meiner Studienzeit war ich immer wieder völlig überlastet. Familiäre, finanzielle und gesundheitliche Probleme, eine körperlich sehr anstrengende Teilzeit-Stelle in einem Lager, Prüfungsstress an der Uni und allerlei andere Aufgaben und Pflichten überforderten mich so stark, dass ich immer weniger Spaß am Leben hatte und oft morgens erst gar nicht aus dem Bett wollte.

Auf der Suche nach Hilfe in Form von Vereinfachung des Lebens verwies mich Google vergleichsweise schnell auf einen Artikel des Psychologie-Magazins der folgende Frage beantwortet: „Mit zwei Regeln bestens durchs Leben kommen: Geht das?“ Diese Frage ist zuerst provokant, allerdings sind die Ausführungen beim Lesen schnell einleuchtend und ich habe den Artikel seither so oft erneut gelesen und ihn mir so oft wieder ins Gedächtnis gerufen, dass seine Kernaussagen mir jetzt dauerhaft gegenwärtig sind und ich sie auch mehrmals Freunden und Bekannten, mit ähnlichen Schwierigkeiten durch Überforderung, empfohlen habe: Zum einen sollen wir nie vergessen, was eigentlich unser Ziel war, wovon wir ursprünglich geträumt haben und zum anderen dürfen wir nicht auf eigene Projektionen hereinfallen. Der Artikel ist viel zu wertvoll, um so stark reduziert zu werden, weshalb er hier verlinkt ist und für den Fall, dass das Magazin nicht erreichbar sein sollte, auch auf meiner Webseite als PDF abgelegt ist.

Auch JP ist es sehr bewusst, dass wir bereits viele oder viel zu viele Regeln befolgen sollen, und dass viele Menschen der Titel „12 Rules …“ abschrecken würde. Deshalb nimmt er dieses Problem, diese wahrscheinliche Reaktion, ernst und fragt im Vorwort auf der ersten Seite im ersten Absatz ausdrücklich: „Regeln? Mehr Regeln? Wirklich?“

Ich meine, es ist völlig richtig und wichtig, sofort zu Beginn des Buches eine Antwort darauf zu geben. Besser fände ich, wenn JP selbst und nicht der von ihm autorisierte und beauftragte Norman Doidge auf diese erste wichtige Frage geantwortet hätte. Hoffentlich beinhalten alle Ausgaben bzw. Formate von 12RFL dieses Vorwort und hoffentlich überspringen die Leser diese Stelle nicht. Ich habe nämlich beim ersten Lesen direkt mit Regel 1 angefangen.

Es ist übrigens eine bewährte Praxis, direkt zu Beginn eines praktischen Ratgebers dem Leser gewissermaßen Mut zuzusprechen und ihm gute Gründe für die Lektüre zu nennen, ja ihn zu bestätigen in seiner Entscheidung ein Buch überhaupt gekauft und aufgeschlagen zu haben. Ludwig Reiners, der sog. „German Interceptor“, der Bewahrer der deutschen Sprache, ist didaktisch immer noch unerreicht. Seine kleine Stilfibel handelt zwar nicht vom Leben sondern „nur“ vom Schreiben, aber auch sie enthält auch Verbote, Regeln und Ratschläge. Und er macht es noch ein gutes Stück besser als JP, indem er erstens selbst direkt zu Beginn und zweitens nicht als Vorwort, sondern in Form eines Briefes, also auf eine persönliche und ein wenig lustige Weise, den Leser fragt, warum er sein Büchlein und nicht etwa einige Tassen guten Kaffees gekauft hätte, gefolgt von Vorteilen der Fibel und was sie alles zu bieten hat.

Ich schweife zu stark ab. Jedenfalls sieht Doidge ein, dass das Leben kompliziert ist und einschränkend und dass wir alle einzigartig sind und uns zu dem auch noch ständig verändern und einige allgemeine Regeln, die das nicht berücksichtigen u.U. deshalb nicht hilfreich sein können.

Es ist, als ob wir für viele verschiedene technische Geräte dieselben und auch nur wenige Anleitungen hätten. Wie sollte eine einzige Bedienungsanleitung zugleich nützlich sein für eine Smartwatch, eine Kamera und auch noch ein Auto? Mir leuchtet diese erste angenommene Kritik der Leser nicht ein. Immerhin sind allgemein gehaltene Regeln sehr wohl für eine große Anzahl sehr verschiedener Menschen und Situationen usw. erfolgreich anwendbar. Hieße eine Regel für die Navigation „Gehe 1000 km nach Norden!“, dann wäre sie für jemanden, der von Deutschland aus nach Italien möchte, unsinnig und würde, in diesem Fall, das genaue Gegenteil der ursprünglichen Absicht bewirken. In Analogie zu „Sei mutig!“ lautete eine ebenso vielseitige Navigationsregel eher: „Orientiere dich. Bestimme deine gegenwärtige Position. Bestimme die Zielrichtung …“. Am Beispiel der Bedienungsanleitung für technische Geräte, würde eine allgemeine Formulierung zur Fehlerbehebung z.B. so lauten: „Prüfe, falls relevant, ob eine Energieversorgung vorliegt!“. Das wäre nützlich für eine Smartwatch, eine Kamera und ein Auto.

[An dieser Stelle muss ich dem Leser eine schlechte Nachricht mitteilen. Der Arbeitsaufwand fürs analytische Lesen von 12RFL, samt meiner Reaktionen, Audioaufnahmen usw. ist größer als gedacht. Deshalb setze ich die Serie, wenn überhaupt, erst fort, sobald mich genügend Rückmeldungen, besonders in Form von Wünschen nach einer Fortsetzung, erreichen. Bis dahin wird sich mein literarisches Schaffen auf eine wöchentliche Rückschau beschränken.]